Weil es gerade auch zum Thema Rheuma paßt, hier ein Eintrag zum Thema Cortison. Den Beitrag hatte ich am 26.09.2014 in meinem alten Blog eingestellt. Der Inhalt ist aber nach wie vor, aktuell.
Heute möchte ich mal ein paar Worte zu Cortison loswerden.
Die aktuell richtigen chemischen Bezeichnungen spare ich mir. Das spielt hier jetzt keine Rolle. Auch die Frage ob synthetisch oder natürlich ist hier nicht wichtig.
Im allgemeinen wird einfach von Cortison gesprochen.
Es handelt sich um eine Gruppe von Stoffen die in unterschiedlichen Zonen der Nebennierenrinde gebildet werden. Bei jedem gesunden Menschen. Also ein körpereigener Stoff der seine Aufgaben hat.
Es gibt Menschen die lassen sich völlig unbesehen wegen Pippifax mit Cortison vollpumpen. Es gibt auch Menschen die diesen Stoff komplett ablehnen. Meist wissen die Betroffenen überhaupt nicht wirklich, was Cortison ist und was es macht. Vor allem ist vielen Menschen nicht klar, dass es in jedem Körper vorkommt und lebensnotwendig ist.
Es gibt viele Menschen mit Krankheiten die eine ständige oder widerholte Gabe von Cortison benötigen. Viele Haupterkrankungen werden mit Cortison behandelt. Bei Allgerieschocks ist es überlebensnotwendig. Bei schlimmen MS-Schüben werden hohe Dosen verabreicht. Bei Organtransplantationen ist die Einnahme unerlässlich. Diese Liste könnte noch lange fortgesetzt werden.
Für sehr wichtig halte ich, dass man einen Mechanismus der damit zusammenhängt kennt und versteht.
Die körpereigenen Produktion von Cortison wird über die Hirnanhangsdrüse gesteuert. Ist der Cortisonspiegel im Blut zu niedrig, kommt von der Hirnanhangsdrüse per Botenstoff die Aufforderung an die Nebennierenrinde, Cortison zu produzieren. (Also in Wirklichkeit gibt es da noch ein paar andere Stoffe und Wirkungen, aber das ist hier jetzt nicht so wichtig.)
Dieser Botenstoff bzw. dieses Hormon heißt ACTH.
Z. B. bei Stress wird mehr davon produziert und darauf produziert die Nebennierenrinde dann mehr Cortison.
Natürlicherweise hat der Mensch am Morgen, so gegen 8 Uhr den höchsten Cortisonspiegel.
Menschen die regelmässig und /oder über eine gewissen Zeit Cortison einnehmen, müssen bestimmte Dinge beachten. Durch die Erhöhung des Cortisonspiegels von aussen, muß die Hirnanhangsdrüse ja keinen Botenstoff mehr absenden und die Nebenniere nichts mehr oder weniger Cortison produzieren.
Durch Cortisoneinnahme kann daher passieren, dass diese natürliche Regelung einfach einschläft und nicht mehr aufwacht.
Durch sehr sehr, langsames, in kleinen und kleinsten Stufen, Ausschleichen, versucht man das zu verhindern. Das gelingt nicht immer.
Die Folge kann dann ein Versagen der Nebennierenrinden sein. Eine Nebennierenrindeninsuffizienz. Die gibt es auch aus anderen Gründen und heißt dann Morbus Addison.
Die Symptome einer dauerhaften (zu) hohen Dosierung sind bekannt: Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Wundheilungsstörung, etc. . . . . Diese Dinge können manchmal sehr schnell und sehr intensiv auftreten, aber auch das Gegenteil ist möglich. Es gibt Situationen, in denen aber einfach auf solche eine hohe Dosierung nicht verzichtet werden kann. Eine dauerhafte, niedrige Dosierung, kann eine Depression forcieren (auch wenn es noch immer viele Ärzte gibt, die das verneinen. Die Psychiater sind sich da absolut einig)
Die Symptome eines über eine gewisse Zeit gehenden Cortisonmangels sind vielfältig: Übelkeit, Appetitmangel, Antriebsschwäche bis zur Depression , Magen-Darm Probleme, extreme Müdigkeit . . . manchmal dem Fatique Syndrom sehr ähnlich. Wundheilungsstörung, Kreislaufschwäche, starke Stimmungsschwankungen . . . bis hin zu der lebensbedrohlichen Addison-Krise (dazu findet man viel im Netz)
So und nun noch ein Grund warum ich das hier schreibe.
Während einer Chemotherapie wird fast immer Cortison gegeben. Manchmal in heftigen Mengen und über einige Tage. Das Ganze dann über Monate immer wieder.
Allerdings wird hier nie ausgeschlichen, sondern immer sofort wieder aufgehört. Das birgt aber das Risiko, dass es hinterher eben kein körpereigenes Cortison mehr gibt. Je nachdem, wie lange man, wieviel bekommen hat.
Ich weiß nicht, warum die Onkologen sich nicht darum kümmern und das was andere Ärzte tun, einfach links liegen lassen. Vielleicht ist in Anbetracht der lebensbedrohenden Krebsbehandlung dieser Aspekt oft einfach nicht naheliegend. Während einer Chemotherapie hätte man noch nicht wirklich richtig augeschlichen, da kommt schon die nächste notwendige hohe Gabe.
Es ist sicher nicht der Regelfall, dass die Nebennierenrinde dann nicht wieder anspringt. Aber es kommt eben vor. Das ist zum Teil auch abhängig davon, wie oft und wieviel Cortison man ansonsten schon in seinem Leben erhalten hat (z. B. Rheumatiker)
Bei mir war es so und wäre ich nicht selbst auf die Idee gekommen, was in Wirklichkeit hinter den fiesen Symptomen steckt, wäre ich nicht mehr am Leben. Es ging mir richtig extrem schlecht und immer schlechter. Ich war innerhalb von wenigen Wochen, ein paar Mal ohnmächtig geworden. Alle in meinem Umfeld, auch die Onkologen, waren der festen Überzeugung, dass mich nun eben der Krebs dahinrafft.
Mir waren die Symptome aber irgendwie bekannt, habe mich selbst gekümmert und bin zu einem Endokrinologen. Ich hatte bis dahin mehrere Addison-Krisen (nach der Diagnose war klar warum ich mehrfach umgekippt war) und viel, viel Glück, das überlebt zu haben. Mit der ersten Substitution des fehlenden Cortisons waren sämtliche Symptome und einige die ich nie damit in Zusammenhang bringen würde, schlicht und ergreifend sofort verschwunden.
Der Cortisonmangel führt nach einer gewissen Zeit direkt zum Tod. Meist durch eine Addison-Krise. Wenn wenigstens noch eine mini Produktion besteht, kann man solche Krisen überleben, aber nicht dauerhaft.
Die genauen chemischen und körperlichen Vorgänge bei einer Addison Krise und was dazu führt, spare ich mir hier ebenfalls. Wer das wissen will, kann es im Netz nachlesen oder bei mir nachfragen. Wichtig ist nur, zu wissen, dass es das gibt.
Wer nach Beendigung einer Chemotherapie mit Cortisongaben, übermässig lange braucht sich zu erholen, massiv unter dem sogenannten Fatique-Syndrom leidet, vielleicht auch mal ohnmächtig wird . . . sollte darauf bestehen, seinen ACTH –Spiegel überprüfen zu lassen. Das gilt auch besonders für Menschen die in ihrem Leben aus ganz anderen Gründen schon immer mal wieder, oder auch dauerhaft Cortison einnehmen mußten oder injeziert bekamen.
Dieser Wert ist noch keine Diagnose, gibt aber einen Anhaltspunkt und am besten berät man dann (oder schon vorher) mit einem Endokrinologen. Ob der Wert direkt vom Endokrinologen oder einem Onkologen gemacht wird, ist völlig egal. Aber ein klar erhöhter ACTH-Wert ist ein ziemlich klares Zeichen und muss vom Endokrinologen geklärt werden. All zuviel Zeit, würde ich da nicht verstreichen lassen.
Natürlich gibt es auch jede Menge Krankheiten die damit zu tun haben können, aber darum geht es mir heute nicht.
Ich bin der festen Überzeugung (durch eigene Erfahrung) dass es eine Anzahl Menschen gibt, die nicht an ihrem Krebs sterben, sondern schlicht und ergreifend an einem Versagen der Nebennierenrinde (Nebenniereninsuffizienz) Und das völlig unerkannt. Das ist in meinen Augen völlig überflüssig. Ich bin da nur sehr, sehr knapp daran vorbei geschrammt (lt. Endokrinologen)
Ich mache es keinem Arzt zum Vorwurf, nicht daran gedacht, oder es nicht erkannt zu haben. Gerade ein Onkologe hat eine völlig andere Sichtposition und kann vermutlich überhaupt nicht auch an diese Möglichkeit denken. Zumal die Symptome eben sehr gut in den Zustand „nach Chemo“ passen.
Ich fände es an der Zeit, dass hier mal eine Studie gemacht wird. Es kostet kein Vermögen, nach einer Chemotherapie einen Blutwert mehr zu kontrollieren und im Auge zu behalten. Wir werden ja sowieso alle paar Wochen angezapft für andere Werte.
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es sehr viel Sinn macht, diesen Nebenwirkungs-Aspekt der Chemotherapie, nicht aus dem Auge zu verlieren.
Wer mehr zu Cortison und Nebennierenrindeninsuffizienz (NNRI) wissen möchte, findet im Netz sehr viele Infos. Ich stehe für Rückfragen und Unsicherheiten auch gerne zur Verfügung. Ich bin kein Arzt, stelle keine Diagnosen. Ich kann nur Tipps geben und den Rücken stärken.
Wer wie ich damals, einen Onkologen hat, der das überhaupt nicht einsieht oder versteht, sollte schnellstens den Arzt wechseln. Es bricht auch einem Onkologen keinen Zacken aus der Krone, mal einen Überweisungsschein zum Endokrinologen auszustellen. Meiner hat sich damals ziemlich angestellt und mir den Schein mit den Worten: „Du gibst ja eh keine Ruhe“ rübergeschoben (das war dann auch der vorletzte Termin bei ihm 😉 )
Der Endokrinologe hat bei Betrachtung meiner Werte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und mir zu meiner Berufswahl gratuliert.
Hört auf Euer Bauch- und Körpergefühl. Es ist Euer Körper. Ihr seid die längste Zeit mit ihm zusammen und kennt ihn am besten. Manchmal erkennt der Patient eine Situation besser als der Arzt und dann muss man sich durchsetzen.